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Horaz, Carmen III, 24 (27 -  64 )

Die Habgier, Ursprung jeglichen Übels  

Vierte asklepiadeische Strophe:

Glykoneus + Asklepiadeus

 

                                                      

         si quaeret pater urbium1
     suscribi statuis, indomitam audeat

         refrenare licentiam,
30 clarus postgenitis; quatenus,2 - heu nefas! -
         virtutem incolumem odimus,
     sublatam ex oculis quaerimus invidi.
         
         Quid tristes querimoniae
     si non supplicio culpa reciditur,
35     quid leges sine moribus
     vanae proficiunt, si neque fervidis

         pars inclusa caloribus3
     mundi nec Boreae finitimum latus
         durataeque solo nives
40  mercatorem abigunt, horrida callidi
         
         vincunt aequora navitae?
      Magnum pauperies obprobrium iubet
         quidvis et facere et pati
      virtutisque viam deserit arduae.4

45     Vel nos in Capitolium,
     quo clamor vocat et turba5 faventium,
        vel nos in mare proximum
     gemmas et lapides, aurum et inutile,

        summi materiem mali,
50  mittamus, scelerum si bene paenitet.
        Eradenda cupidinis
     pravi sunt elementa et tenerae nimis

        mentes asperioribus
     formandae studiis. Nescit equo rudis
55    haerere ingenuus puer6
     venarique timet, ludere doctior

        seu Graeco iubeas trocho
     seu malis7 vetita legibus alea,6
        cum periura patris fides
60  consortem socium fallat et hospites,

        indignoque pecuniam
     haredi properet. Scilicet inprobae
        crescunt divitiae, tamen
     curtae nescio quid semper abest rei.

 

1 urbium: a) = pater patriae, b) ἀπὸ κοινοῦ auch zu statuis; 2 quatenus = quandoquidem: weil doch; 3 poetischer Plural; 4 arduae: Enallage statt viam arduam; 5 clamor et turba: Hendiadyoin: Jubelgeschrei der Menge; 6 kollektiver Singular; 7 malis: 2.P.Sg. Konj.Präs. von malle: Potentialis wie iubeas: "man"

Übersetzung

Wenn er auf den Bildsäulen der Städte "Vater des Vaterlandes" genannt zu werden sucht, habe er den Mut, die hemmungslose Zügellosigkeit zu steuern, berühmt erst bei den Nachkommen, weil wir doch, schmachvoll genug, das Verdienst an den Lebenden hassen, doch es neidvoll vermissen, sobald es unseren Augen entschwunden ist. Was nützen wehleidige Klagen, wenn nicht mit schwerer Strafe das Verschulden ausgerottet wird, was (nützen) unwirksame Gesetze ohne Moral, wenn weder der von glühender Hitze umschlossene Teil der Welt, noch die Zone, die an den Norden grenzt, noch ewig den Boden bedeckender Schnee den Kaufmann abschrecken, wenn schlaue Seeleute die gefährlichen Meere besiegen, wenn die Armut als große Schande uns alles Erdenkliche zu machen und ertragen befiehlt und den steilen Weg der Tugend hinter sich lässt. So lasst sie uns entweder aufs Kapitol, wo das Jubelgeschrei der Beifall klatschenden Menge sie herbeiruft oder ins nächste Meer werfen die Perlen, Edelsteine und das unnütze Gold, die Ursache des höchsten Übels, wenn wir ernstlich unsere Verbrechen bereuen.

Man muss die Keime verkehrter Habgier ausrotten und die allzu verzogenen Gemüter mit strengeren Beschäftigungen erziehen. Ein unerfahrener, frei geborener junger Mann versteht es nicht, fest im Sattel zu sitzen, weil er es nie gelernt hat und er fürchtet die Jagd, besser versteht er es zu spielen, sei es man fordert ihn zum griechischen Reifenspiel, sei es man will lieber mit den Würfeln (spielen), die vom Gesetz verboten sind, während das meineidige Wort seines Vaters den Kompagnon und die Gäste betrügt und er Geld für einen unwürdigen Erben zusammenrafft. Freilich wachsen so die unredlichen Reichtümer, dennoch fehlt immer irgendetwas zur Vollständigkeit.

Versmaß


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