Vergil, Aeneis IV, 381 ff.
Aeneas verlässt Dido
“I, sequere1 Italiam ventis, pete regna per undas!
Spero equidem mediis, si quid pia2 numina possunt,
supplicia hausurum3 scopulis4 et nomine Dido5
saepe vocaturum.3 Sequar atris ignibus absens,6
et, cum frigida mors anima seduxerit7 artus,8
omnibus umbra9 locis adero. Dabis, improbe, poenas.
Audiam, et haec manes veniet mihi fama sub10 imos.”
At pius Aeneas, quamquam lenire11 dolentem12
solando cupit et dictis avertere13 curas,14
multa gemens magnoque animum15 labefactus16 amore,
iussa tamen divom17 exsequitur, classemque revisit.
Tum vero Teucri incumbunt,18 et litore celsas
deducunt toto naves: natat uncta carina.
1 sequi: fahren; 2 pius 3: gerecht; 3 erg.: te (hausurum) esse – supplicia haurire: schwer büßen; 4 mediis scopulis: mitten in den Klippen; 5 Dido: = Akk; 6 absens: auch aus der Ferne; 7 seducere: trennen; 8 erg.: meos; 9 prädikativ; 10 sub: hinab zu; 11 lenire: besänftigen; 12 dolere: leiden (= Dido); 13 avertere: vertreiben; 14 curae, arum: schwerer Gram; 15 Akk. Graec; 16 labefacere: tief erschüttern; 17 =deorum; 18 incumbere: die Arbeit (labori) beschleunigen.
Übersetzung
Geh, fahre mit den Winden nach Italien und suche deine Königreiche durch die Wellen! Ich allerdings hoffe, dass du mitten in den Klippen, wenn die gerechten Götter etwas ausrichten, schwer büßt und Dido, Dido rufst. Ich werde dir auch aus der Ferne mit schwarz qualmenden Fackeln folgen und, wenn der kalte Tod die Glieder von der Seele getrennt hat, werde ich überall als Schatten da sein. Du, Ruchloser, wirst büßen. Und ich werde es hören und die Kunde davon wird zu mir in die tiefste Unterwelt kommen.
Aber obwohl der pflichtgetreue Äneas die Leidende durch Tröstung besänftigen wollte, seufzt er tief auf und erschüttert im Herzen von der großen Liebe befolgt er dennoch die Befehle der Götter und mustert die Flotte. Dann aber beschleunigen die Teukrer die Arbeit und von der ganzen Küste ziehen sie die hohen Schiffe ins Meer: und schon schwimmen die frisch geteerten Kiele.