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Plinius, Briefe IV 12

Ein ehrlicher Politiker

C. PLINIUS MATURO ARRIANO SUO S.

Amas Egnatium Marcellinum atque etiam mihi saepe commendas; amabis magis commendabisque, si cognoveris eius recens factum.

Cum in provinciam quaestor exisset, scribamque,1 qui sorte obtigerat, ante legitimum salarii tempus2 amisisset, quod3 acceperat scribae daturus, intellexit et statuit subsidere4 apud se non oportere. Itaque reversus Caesarem, deinde Caesare auctore senatum consuluit, quid fieri de salario vellet. Parva quaestio, sed tamen quaestio. Heredes scribae sibi, praefecti aerari5 populo vindicabant. Acta causa6 est; dixit heredum advocatus, deinde populi,7 uterque percommode. Caecilius Strabo aerario8 censuit inferendum, Baebius Macer heredibus dandum: obtinuit9 Strabo.

Tu lauda Marcellinum, ut ego statim feci. Quamvis enim abunde sufficiat illi, quod est et a principe et a senatu probatus, gaudebit tamen testimonio tuo. Omnes enim, qui gloria famaque ducuntur,10 mirum in modum adsensio et laus a minoribus etiam profecta11 delectat. Te vero Marcellinus ita veretur, ut iudicio tuo plurimum tribuat.12 Accedit his, quod, si cognoverit factum suum isto usque13 penetrasse, necesse est14 laudis suae spatio et cursu et peregrinatione laetetur. Etenim nescio quo pacto vel magis homines iuvat gloria lata quam magna.

Vale.

1 scriba: Sekretär; 2 salarii tempus: Trmin der Gehaltszahlung; 3 quod = salarium; 4 subsidere (salarium) apud se: in seiner Tasche bleiben; 5 praefectus aerarii: Schatzmeister; 6 causam agere: einen Prozess führen; 7 (advocatus) populi; 8 aerarium: Staatskasse; 9 obtinere: durchsetzen; 10 gloria famaque duci: auf Anerkennung und guten Ruf etwas halten; 11 a minoribus proficisci: von geringeren, weniger hochgestellten Personen kommen; 12 plurimum tribuere: sehr viel geben auf; 13 isto usque: bis zu dir; 14 necesse est laetetur: er wird sich bestimmt freuen.

Übersetzung

C. Plinius grüßt seinen Maturus Arrianus

Du schätzt Egnatius Marcellinus und du empfiehlst ihn mir auch oft; du wirst ihn noch mehr schätzen und empfehlen, wenn du von seiner jüngsten Tat erfährst.

Nachdem er als Quästor in seine Provinz gegangen war und seinen Sekretär, der ihm durchs Los zugewiesen worden war, vor dem gesetzlichen Termin der Gehaltsauszahlung verloren hatte, beschloss er sogleich, das Geld, das er erhalten hatte, um es seinem Schreiber zu geben, nicht behalten zu dürfen.  Nach seiner Heimkehr fragte er den Kaiser, dann  auf dessen Anweisung den Senat, was mit dem Geld geschehen solle. Eine unbedeutende Frage, aber dennoch eine Frage. Die Erben des Schreibers beanspruchten es für sich, die Schatzmeister für den Staat. Es wurde Prozess geführt; es sprach der Anwalt der Erben, dann der des Volkes, beide sachgemäß. Caecilius Strabo war der Ansicht, das Geld müsse der Staatskasse zugeführt werden, Baebius Macer, es sei den Erben zu geben: Strabo setzte sich durch.

Du aber lobe Marcellinus, wie ich es sofort gemacht habe! Denn obwohl es ihm vollauf genügt, dass er sowohl vom Kaiser als auch vom Senat belobigt worden war, wird er sich dennoch über dein Zeugnis freuen. Denn alle, die auf Anerkennung und guten Ruf etwas halten, erfreut auf wunderbare Weise Zustimmung und Anerkennung, auch wenn sie von weniger hochgestellten Personen kommen. Dich aber verehrt Marcellinus so, dass er auf dein Urteil sehr viel gibt. Dazu kommt, dass er sich bestimmt über die weite und schnelle Verbreitung seines Lobes freuen wird, wenn er erfährt, dass seine Tat bis zu dir gedrungen ist. Denn sonderbarerweise freut die Menschen die weite Verbreitung ihres Ruhmes sogar mehr als die Größe.

Lebe wohl!


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